Chancen und mögliche Folgen einer Frühgeburt

 

Die Folgen einer Frühgeburt können sehr unterschiedlich für die betroffenen Kinder ausfallen. Anzumerken ist dennoch, dass nicht alle Frühgeborenen explizite Defizite davontragen, die sie ein Leben lang begleiten. Einige Kinder weisen gar keine Folgen der Frühgeburt auf. Außerdem können frühpräventive Maßnahmen einen Großteil der eventuell auftretenden Defizite lindern oder komplett eindämmen.

Jedoch besonders gefährdet sind Kinder, die extrem früh (vor der 28. Schwangerschaftswoche) geboren werden oder ein sehr niedriges Geburtsgewicht (unter 1500g) aufweisen. Direkt nach der Geburt können bereits folgende Probleme und Komplikationen auftreten:

  • Atemprobleme
  • Blutarmut
  • Hirnblutungen
  • Verletzungen der weißen Hirnsubstanz
  • Sepsen
  • niedriger Blutzuckerspiegel
  • Gelbsucht
  • niedriger Muskeltonus

Vor allem das Risiko für Erkrankungen der Atemwege oder Lungenentzündungen ist deutlich erhöht. Auch die Nahrungsaufnahme wird bei vielen Frühgeborenen zur Herausforderung, da diese häufig noch nicht richtig schlucken und saugen können.

Grundsätzlich lassen sich die Folgen für Frühgeborene zwischen motorischen und psychischen Defiziten unterscheiden. Dabei sind die Ursachen oftmals nicht nur die Frühgeburt an sich, sondern auch die anschließende unnatürliche Lagerung und Umgebung des Kindes.

Während die gebeugte und begrenzte Position des Babys im Mutterleib das Hirnwachstum anregt, ist das Baby im Anschluss an eine Frühgeburt großen Stressfaktoren ausgesetzt, die diese Entwicklung hemmen können.

Eine weitere Folge kann sein, dass sich die Eigen- und Tiefenwahrnehmung des Kindes nicht optimal entwickelt, da es nicht den nötigen Druck und die Temperaturschwankungen des Mutterleibs wahrnehmen kann. Auf der Intensivstation sind die Frühgeborenen schnell einer akuten Reizüberflutung ausgesetzt, da es dort oftmals sehr hell und laut ist. Dies kann zu einer frühkindlichen Regulationsstörung führen.

Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, das Frühgeborene richtig zu lagern und vor starken äußeren Einflüssen zu schützen. Druck- und Zugmassagen, Inkubator-Abdeckungen und eine spätere Lagerung in einem Nestchen für Frühgeborene können positive Auswirkungen auf die Entwicklung eines Frühgeborenen ausüben.

Mit der Entwicklung des Kindes können im späteren Alter auch weitere Folgen der Frühgeburt zum Vorschein kommen.

Bestimmte Defizite entwickeln sich nämlich erst im Laufe der Jahre. Beispielsweise sind einige Forscher der Meinung, dass das Risiko für ADHS bei Frühgeborenen zwischen der 23. und 28. Schwangerschaftswoche doppelt so hoch ist, wie bei anderen Kindern. Zuzüglich dessen, ist auch das Risiko für motorische Defizite verdreifacht und bis zur Pubertät anhaltend.

Wenn die Komplexität der Bewegungen des Kindes mit steigendem Alter zunehmen, zeigen sich diese Defizite sehr deutlich. Bei Schulkindern zeigt sich außerdem häufig eine verminderte Aufmerksamkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit sowie Sprachentwicklung. Diese Defizite können bis ins Erwachsenenalter ein Problem für die Betroffenen darstellen.

Da Frühgeborene ein erhöhtes Risiko für Hirnblutungen aufweisen, können auch geistige Behinderung eine Langzeitfolge sein. Häufiger sind aber auch psychische Defizite ein entscheidendes Problem. Frühgeborene werden im Vorschulalter circa dreimal häufiger mit Angststörungen diagnostiziert als Termingeborene Kinder. Dabei spielt auch die psychische Verfassung der Mutter eine maßgebliche Rolle.

Grundsätzlich sorgen postnatale Stressoren, wie Schmerzen oder Reizüberflutung zu epigenetischen Veränderungen, die die Grundlage für Entwicklungsstörungen und Symptome wie Hyperaktivität oder Aufmerksamkeitsdefizit sein können.

Die Folgen von Frühgeburten sind ein sensibles Thema für Eltern und Kind. Es geht dabei keineswegs darum diese belastende Thematik überspitzt darzustellen, sondern Betroffene oder werdende Mütter zu informieren. Frühgeborene und ihre Eltern benötigen in der Zeit nach der Geburt eine besondere Art der Unterstützung – sowohl medizinisch als auch emotional.